Die durch Kauf erworbenen ”Privilegien von 1490” sicherten wichtige Freiheitsrechte. Die Jagdfreiheit wie der Verzicht auf Fronarbeit gehörten z. B. zu diesen garantierten Privilegien. Hiermit konnten sich die Bewohner des Amtes Neustadt Rechte sichern, für die einige Jahrzehnte später in anderen Teilen Deutschlands die ländliche Bevölkerung im Bauernkrieg letztendlich erfolglos kämpfte.
Allerdings wurden diese Rechte und Privilegien nach der Umwandlung des Amtes Neustadt in die unabhängige Reichsherrschaft Gimborn-Neustadt (1614 - 1631) durch den neuen Landesherren Adam von Schwarzenberg massiv in Frage gestellt, der zudem Schritte zu einer katholischen Gegenreformation einleitete. Die Vertreter der Gummersbacher Bauernschaften, die die Interessen der Bevölkerung gegenüber dem neuen Landesherren und seinen despotischen Amtmännern vertraten, mussten teilweise außer Landes fliehen oder Geld- und Gefängnisstrafen hinnehmen. Dennoch konnten nach harten Kämpfen und unter Ausnutzung rechtlicher Mittel die angestammten Privilegien wie auch die Religionsfreiheit verteidigt werden. Eine Bekräftigung fanden sie im kaiserlichen ”Landvergleich von 1658”, der bis zum Beginn der französischen Okkupation 1806 - auch während der kurzen Herrschaft des Grafen Johann Ludwig von Wallmoden (1782 - 1806) - das ”Grundgesetz” der Freien Reichsherrschaft Gimborn-Neustadt war. Die Gummersbacher lebten in dem Bewusstsein, Bewohner eines „Freiländchens“ zu sein. Allerdings stemmten sich die Bauernschaften mit ihren relativ großen Einflussmöglichkeiten im 18. Jahrhundert auch gegen Einführung neuer Verwaltungsmethoden und Infrastrukturmaßnahmen durch den Landesherren, da sie darin zunächst einmal eine Bedrohung ihrer Position vermuteten. Innovative Gummersbacher Hammerwerksbesitzer und Händler übten denn auch um 1800 offen Kritik an der beharrenden Mentalität der traditionellen Bauernschaftsvorsteher.
Q: Die Privilegien der Einwohner des Amtes Neustadt und der Veste Gummersbach aus dem Jahre 1490
Die Einwohner haben in Zukunft bei Verpfändungen des Amtes keinen Anteil weder bei der Tilgung der Pfandsumme noch bei entsprechenden Zinsen zu zahlen. Ausgenommen bleiben davon besondere Notlagen, die durch Fehden, Überfälle u. ä. hervorgerufen werden.
Der Amtmann darf den Rinderhandel nicht mehr reglementieren und aus diesem persönlichen Nutzen ziehen.
Dienstpflichtige Güter werden auch im Falle eines Kaufes durch die Amtsleute oder Diener des Landesherren nicht von ihren Diensten befreit.
Die Einwohner haben wie früher dem Amtmann nur die Dienste am Schloß und Haus in Neustadt zu leisten. Zu weiteren Diensten mit Karren oder Wagen außerhalb des Landes darf der Amtmann sie nicht mehr verpflichten.
Der Unterhalt für Gefangene im Neustädter Gefängnis muß nur sechs Wochen von den Einwohnern bestritten werden.
Bei Nichtzahlung von Brüchten [Strafgelder] soll der Bestrafte ... nicht sofort ins Gefängnis geworfen, sondern zunächst erst gepfändet werden.
Das alte Recht auf Jagd und Fischerei wird bekräftigt. Nur bei der Erlegung von großem Wildbret [Hirsche, Hinden, Rehe und Schweine] ist der vierte Fuß an den Amtmann abzuliefern.
Diejenigen, die lange Jahre Besitz oder Erbteil im Amt haben, dürfen nur nach Landesrechten daraus entsetzt werden.
Die Einwohner müssen nur das Zimmerwerk der landesherrlichen Mühlen unterhalten.
Die Amtsleute sollen über die erhobenen ”uytslach” [Steuern] den Einwohnern gegenüber Rechenschaft ablegen, damit diese ”begrypen sullen, wairtoe die uytslach kommen”.
Die Amtsleute werden zu einer rechtmäßigen Amtsführung verpflichtet, die Schaden wie auch Kosten von den Einwohnern möglichst abwenden soll.
Aus: Sybel, Friedrich von: Chronik und Urkundenbuch der Herrschaft Gimborn-Neustadt, Gummersbach 1880, Nr. 31. Der Text ist auf den wesentlichen Inhalt gekürzt; Schreibweise und Wortwahl wurden behutsam modernisiert. Die in Klammern aufgeführten Begriffe dienen der Erläuterung und wurden hinzugefügt.